Herstellung einer balearischen Schleuder

Auf den Balearen hat das Steinschleudern eine lange Tradition. Balearische Schleudern werden üblicherweise aus losen Esparto- oder Sisalfasern hergestellt und zeichnen sich durch eine besondere Flechttechnik aus. Der Übergang zwischen Haltelauf und Brief, Knie genannt, bleibt bei dieser flexibel, während der Übergang von den zwei Briefschenkeln zum Schusslauf, Bauch genannt, dicker und schwerer wird. Die so erreichte ungleichmäßige Gewichtsverteilung unterstützt das Öffnen der Schleuder beim Schuss. Der Schusslauf selbst verjüngt sich um schließlich in einer Quaste loser Fasern, der Schallzunge, zu enden. Traditionell werden die Fasern des ausgehnden Schusslaufs selbst hierfür benutzt. Da sich diese aber schnell abnutzen und regelmäßig durch Einflechten neuer Fasern ersetzt werden müssen, werden immer öfter Kunststofffasern kurz vor Ende des Schusslaufs eingeflochten, was den Verschleiß deutlich verlangsamt. Alternativ kann das Ende des Schusslaufs auch mit einer kleinen Schlaufe oder einem Knoten versehen werden, woran eine auswechselbare Schallzunge befestigt wird.

Anstatt aus losen Fasern kann eine solche Schleuder auch aus Garn angefertigt werden. Gerade zum Einstieg empfiehlt sich das, da das Flechten loser Fasern mehr Übung und Sorgfalt für ein gleichmäßiges Ergebnis erfordert.

Flechtgrundlagen

Balearische Schleudern werden mit einer ungeraden Anzahl an Strängen geflochten. Die folgende Anleitung geht von fünf Strängen aus. Mit etwas Erfahrung können darauf aufbauend auch sieben, neun oder gar elf Stränge verwendet werden, was besonders feine Schleudern ergibt.

Beim Flechten mit ungerader Strangzahl wechseln sich stets zwei grundlegende Anordungen der Garnstränge ab: die R-Konfiguration und die L-Konfiguration. In der R-Konfiguration liegen rechts drei Stränge und links zwei, in der L-Konfiguration ist es genau umgekehrt. Um die einzelnen Schritte nachvollziehbarer beschreiben zu können, sind die Positionen, auf denen die Stränge liegen, von eins bis fünf durchnummeriert. So beschreibt R1 in der R-Konfiguration den ersten Strang rechts oben, R2 jenen darunter, und so weiter. Entsprechend steht L1 für den Strang oben links in der L-Konfiguration. Um von der einen in die andere Konfiguration zu gelangen, wird stets der erste Strang straff gezogen, nach hinten verdreht und schließlich zwischen den dritten und vierten Strang gelegt. Durch das Verdrehen erhält das Geflecht ein rechteckiges Profil, was die Handhabbarkeit der Schleuder sowie den Halt eines Geschosses im Brief verbessert. Das Straffziehen ist ein ebenso wichtiges Detail, besonders wenn später zusätzliche Schnüre in das Geflecht eingebracht werden. Die Stränge sollten immer möglichst gleichmäßig festgezogen werden, um eine gleichbleibende Breite des entstehenden Geflechts sicherzustellen und zu verhindern, dass es sich verzieht.

Bild der R-Konfiguration Bild der L-Konfiguration

Schritt 1

Zuallererst müssen die fünf Garnstränge vorbereitet werden. Hierfür werden genügend viele Schnüre abgemessen und in der Mitte mit einer zusätzlichen Schnur zusammengebunden. Die Gesamtlänge der Schnüre sollte dem Dreifachen der gewünschten Gesamtlänge der Schleuder, von Auge bis Blatt, entsprechen. Der Durchmesser eines verdrehten Stranges sollte zwischen zwei und drei Millimetern liegen. Jeder Strang kann dabei aus mehreren einzelnen Schnüren bestehen.

Bild der fünf mittig fixierten Stränge

Schritt 2

Mit den fünf Strängen wird nun etwa zehn Zentimeter weit geflochten, in der R-Konfiguration endend. Die zusätzliche Schnur, welche die Stränge in der Mitte zusammenhielt, wird gelöst und die beiden Enden des geflochtenen Stücks werden zu einer Schlaufe gelegt - dem Auge der Schleuder. Dabei werden die entsprechenden Stränge R1 bis R5 beider Enden zu doppelt so dicken Strängen zusammengeführt.

Bild der ersten Flechtstrecke

Schritt 3

Mit den nunmehr doppelt so dicken Strängen wird der Haltelauf geflochten, bis die Hälfte der gewünschten Schleuderlänge abzüglich der halben angestrebten Länge des Briefes erreicht ist. Auch hier sollte wieder in der R-Konfiguration geendet werden.

Bild des fertiggestellten Auges

Schritt 4

Um das Knie, an welchem sich der Haltelauf in die zwei Briefhälften teilt, vorzubereiten, werden sämtliche Stränge der R-Konfiguration gleichmäßig geteilt. So ergibt sich die zehnsträngige K-Konfiguration. Die Positionen der Stränge sind hier, ähnlich wie in der R-Konfiguration, von eins bis zehn durchnummeriert, oben rechts beginnend. Anders als bei den beiden zuvor vorgestellten Konfigurationen wird hier der Einfachheit halber jedoch nicht zwischen zwei spiegelbildlichen Varianten unterschieden. Die zehn Stränge werden nun nach dem folgenden Muster verflochten:

  1. K1 zwischen K6 und K7
  2. K10 zwischen K5 und K6
  3. K2 zwischen K6 und K7
  4. K8 zwischen K2 und K3
  5. K4 zwischen K8 und K9
  6. K10 zwischen K7 und K8

Wie zuvor ist bei jedem Schritt der zu verlegende Strang sorgfältig festzuziehen. Zu beachten ist, dass K1 bis K10 hier nicht die individuellen Stränge, sondern die Positionen, auf welchen im Verlauf dieser Liste immer unterschiedliche Stränge liegen, bezeichnen.

Bild der K-Konfiguration

Schritt 5

Die Stränge auf K1 bis K5 sowie auf K6 bis K10 liegen nun jeweils in der R-Konfiguration. Sie werden beide nacheinander ein kurzes Stück weiter geflochten und schließlich z.B. mit Wäscheklammern fixiert.

Bild des fertiggestellten Knies

Schritt 6

Der linke Briefschenkel wird wieder bis zum Knie aufgeflochten, um die Stränge ein zweites Mal festzuziehen. Nun wird wieder weiter geflochten und in jeder L-Konfiguration eine zusätzliche Schnur mit dem Strang auf L1 verdreht und eingeflochten, bis alle Stränge wieder aus so vielen Schnüren bestehen wie der Haltelauf. Die neuen Schnüre sollten dabei nicht kürzer als die aus dem Knie herausragenden sein.

Bild der fertiggestellten linken Briefhälfte

Schritt 7

Dasselbe wird nun mit der rechten Briefhälfte spiegelbildlich wiederholt. Anschließend werden die beiden Briefhälften auf die gewünschte Länge (z.B. zwölf Zentimeter) weitergeflochten. Sie müssen genau gleich lang sein und in der L-Konfiguration enden.

Bild der fertiggestellten Briefschenkel

Schritt 8

Um die zwei Schenkel des Briefs zum Bauch zu vereinen, werden die entsprechenden Stränge beider Briefhälften in übereinander liegendenen Lagen zusammengeführt. Hierbei liegt L3 oben auf, gefolgt von L4, L2, L5 und zuletzt L1.

Bild der zusammengeführten Stränge

Schritt 9

Die fünf Stränge werden einige Zentimeter weitergeflochten. Besonders bei den ersten paar Flechtschritten ist hier wichtig, stets alle Stränge gleichmäßig festzuziehen um einen symmetrischen Brief zu erhalten. Übertreibt man es hier wiederum, schiebt sich die rechte Briefhälfte leicht unter die linke.

Bild des fertiggestellten Bauches

Schritt 10

Der Schusslauf verjüngt sich bis kurz vor das Blatt, wo er mit der Hand gegriffen wird. Hierzu wird in regelmäßigen Abständen aus dem Strang auf R1 eine Schnur herausgenommen und ohne ihr weiter geflochten. Die Stränge sollten sich hierbei gleichmäßig verkleinern.

Bild des Schusslaufs

Schritt 11

Nun ist es fast geschafft. Der Schusslauf wird noch etwas über das Blatt hinaus weiter geflochten und kann, wie oben erwähnt, beispielsweise in einem Knoten oder in einer Schlaufe (siehe Rückwärtsflechten einer Schlaufe) enden. Ein doppelter Überhandknoten ist beispielsweise sehr fest und symmetrisch. An ihm kann dann eine Schallzunge befestigt werden.

Bild des doppelten Überhandknotens

Schritt 12

Nachdem abschließend alle noch überstehenden Schnüre sowie das über den Knoten hinausragende Flechtwerk bündig abgeschnitten wurden, empfiehlt es sich bei den meisten Materialien, die Schleuder gründlich zu wachsen. Gerade Baumwolle, die sonst sehr elastisch wäre, oder auch Flachs und Hanf, welche recht feuchtigkeitsempfindlich sind, profitieren davon ungemein. Daneben wird die Schleuder durch das Wachs steifer, was das Steuern ihrer Orientierung beim Abschuss erleichtert, und weitaus abriebsfester.

Natürliches Bienenwachs, welches man zum Beispiel in Form von Baumkerzen in vielen Drogerien findet, eignet sich dafür gut. Der Docht wird zunächst entfernt, und das Wachs nun wiederholt über einer Kerzenflamme angeschmolzen, um es auf die Schleuder aufzutragen. Ist sie schließlich gleichmäßig mit Wachs eingerieben, kann sie mit einem Heißluftföhn oder bei 70° Umluft im Backofen vorsichtig erhitzt werden, bis das Wachs in die Fasern eingezogen ist. Nach dem Abkühlen ist die Schleuder noch sehr steif und muss durchgewalkt werden, indem jede Stelle einmal hin- und her gebogen wird. Fertig! Bild der fertigen Schleuder